Am 17. Oktober 1914 schickte Otto Schildhauer, der zuletzt die Adventgemeinde Weinböhla gründete, einen Brief von der Westfront. Die Empfänger gaben ihn an den „Zions-Wächter“* zum Abdruck. Deutschland befand sich erst zehn Wochen im Krieg.
„Liebe Geschwister Schubert! Friedensgrüße aus dem Krieg zuvor. Gegenwärtig kämpfen wir um Arras. Heute soll ein Parlamentär – wegen Übergabe von Arras – kommen, sonst gibt es in 48 Stunden Sturm. Das erste, was ich morgen früh machen werde, wird Kühe melken sein, und dann wollen wir Kuchen backen. Hoffentlich kommt kein „wenn“ dazwischen. Überhaupt ist der Krieg, da wir im Süden waren und nun im Norden sind, besonders interessant. Aber ach, die verlassenen Ortschaften, verwüsteten Äcker, halben Ernten und zerschossenen Heime (allerdings durch eigenes Verschulden, indem Zivilisten auf unsre Truppen schießen) – da denkt man an des Propheten Worte: „Denen, so durchs Schwert starben, geschah besser, denn denen, die Hungers starben.“ O, nicht nur fürs Vaterland im Allgemeinen, auch für den Schutz meiner lieben Geschwister, für ihr Wohlergehen wage ich meine Seele in den Tod.
Grüße bitte die Gemeinde von mir und meine l.* Frau und natürlich alle im Hause. Ich bin dem Herrn sehr dankbar für seine, alles Irdische übersteigende Wahrheit. Wahrlich, man fragt nichts und doch erhält er mein irdisches Leben täglich, während andere in die Grube fahren. Geld braucht man hier nicht, und so war ich froh, neulich meinen Kriegszehnten für die letzten zwei Wochen nach Hause schicken zu können, per Post, wozu nicht immer Gelegenheit ist.
Herzliche Grüße, auf Wiedersehen
Euer Otto Schildhauer.“ (Brief gekürzt)
Zusammenstellung A. Schrock