„Pfingsten sind die Geschenke am geringsten, während Ostern, Geburtstag und Weihnachten etwas einbrachten.“ schrieb Bertolt Brecht vor Jahrzehnten. Hat Brecht vielleicht recht und ist Pfingsten gar kein richtiges Fest, weil es keine Geschenke gibt und auch die Wirtschaft nicht angekurbelt wird?

Schenken ist ja immer gut. Aber was wäre denn ein passendes Geschenk zu Pfingsten? Parfüm, Socken, Pralinen, Blumen oder Spirituosen?

Bei Umfragen zur Frage „Warum feiern wir Pfingsten?“ fällt mehr als einem Drittel der Deutschen rein gar nichts ein. Etwa ein Drittel ahnt, dass es irgendwas Christliches sein muss und vom restlichen Drittel bekommt man eine mehr oder weniger zutreffende Antwort. Je jünger die Leute sind, desto weniger wissen sie etwas über Pfingsten. Dabei gehört Pfingsten neben Weihnachten und Ostern zu den großen christlichen Feiertagen.

Was ist also los mit uns? Sind wir von allen guten Geistern verlassen? Hat sich vielleicht der Heilige Geist aus Land der Reformation verabschiedet? Man kennt ihn nicht mehr und man vermisst ihn auch nicht. In den Sonntagsgottesdiensten zeugen nur ein paar älterer Leute von den kümmerlichen Resten der einst Europa dominierenden Christenheit. Auch sie verdunsten bald wie Spiritus in der Sonne. Was bleibt, sind leere Hüllen ehemals christlicher Feiertage, die von kommerziellen Interessen übernommen und mit allen möglichem Klimbim und Ersatzbedeutungen gefüllt werden.

Dabei waren die Anfänge der christlichen Gemeinde durchaus sehr kraftvoll und vielversprechend. Von der Geburtsstunde der christlichen Gemeinde kann man in Apostelgeschichte 2,1-4 folgendes lesen:

Und als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren sie alle beieinander an einem Ort. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen. Und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in anderen Sprachen, wie der Geist es ihnen gab auszusprechen.

Die richtige Antwort auf die Frage „Was feiern wir zu Pfingsten?“ lautet also: Wir feiern den Geburtstag der Christenheit. Zu Pfingsten entstand die christliche Gemeinde und wurde mit dem lebendigen Geist Gottes erfüllt. Dieser Lebensatem Gottes erfüllt die christliche Gemeinde auch heute noch. Die Christen sind nicht von allen guten Geistern verlassen, allenfalls etwas Geist-vergessen. Deshalb ist es ja wichtig, sich an das zu erinnern, was vor 2000 Jahren in Jerusalem geschah. Denn dieser gute Gottesgeist ist immer noch lebendig und er macht Menschen lebendig. Was aber bewirkte und bewirkt dieser Geist?

  1. Menschen verstehen einander trotz unterschiedlicher Kulturen und Sprachen. In einer Zeit verwirrend vieler Meinungen und des Aufeinandertreffens unterschiedlicher Kulturen braucht es die Bereitschaft und Fähigkeit, einander zuzuhören und sich zu verstehen. Geist Gottes befähigt Menschen, Brücken zu bauen und Worte zu finden, die verbinden statt zu spalten.
  2. Menschen werden mutig, wo es bisher Ängstlichkeit und Rückzug gab. Angst führt zu Flucht und Rückzug oder zu Aggression und Gewalt. Gottes Geist lässt Menschen aufstehen und für Mitmenschlichkeit, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit eintreten. Wo das geschieht, gibt es Hoffnung für Familien, Gemeinschaften und ganze Völker.
  3. Menschen finden zueinander, was zu einer neuen und beglückenden Erfahrung wird. Der Glaube an Jesus als den auferstandenen Herrn ist nicht nur eine individuelle Angelegenheit. Gottes Geist führt die Menschen zusammen. Christen sind eine lebendige, atmende Gemeinschaft – offen, mutig, herzlich und konstruktiv. Das brauchen wir heute mehr denn je.

Das Geschenk Gottes an die Menschheit ist sein guter, lebendig machender Geist. Er kann von uns Menschen weder gemacht noch nachgebaut oder durch irgendetwas vergleichbares ersetzt werden. Entweder man nimmt dieses Geschenk an und setzt sich ihm aus, oder man bleibt immer ein Mangelwesen oder als Gruppe eine seelenlose Zombie-Organisation.

Segen

Der Geist Gottes begleite dich,
wenn du sprachlos bist – und lege dir ein Wort des Trostes in den Mund.
Der Geist Gottes stärke dich,
wenn du kraftlos bist – und hebe dich auf.
Der Geist Gottes verbinde dich,
mit anderen Menschen – und mit Gott.
So segne und begleite dich der lebendige Gott:
Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Amen

Text: Lothar Scheel
Foto: Gerald Hoffmann